Kundgebung auf dem Anger ab 16 Uhr
Heraus zum 8. März!
Seit einem Jahr befinden wir uns bereits im pandemischen Ausnahmezustand. Dieser Ausnahmezustand bedingt eine Krise, die in bestehende soziale Ungleichheitssituationen eingebettet ist. Das heißt, dass soziale Verhältnisse, die bereits vor dem Eintreten der Krise bestanden, dazu beitragen, dass sich die Folgen der Krise entlang dieser sozialen Ungleicheitsstrukturen unterschiedlich auswirken. Eine dieser sozialen Arrangements sind die Geschlechterverhältnisse innerhalb der patriarchalen Gesellschaft.
Eine der wesentlichen Errungenschaften vergangener feministischer Kämpfe ist die, dass Frauen nicht mehr auf‘s Private beschränkt sind. Freilich erkauft damit, dass sie sich innerhalb der Öffentlichkeit und bei der Ausübung von Lohnarbeit nun anderen Zwängen und Herrschaft unterwerfen müssen, aber so immerhin befreit aus der persönlichen Abhängigkeit vom Mann. Als Folge davon haben sich aber Doppelbelastung der Frau einerseits sowie eine geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt andererseits herausgebildet.
Nach wie vor sind Frauen – nun eben oft nebst Lohnarbeit – im wesentlichen für die innerfamiliäre Reproduktions- und Sorgearbeit zuständig. 2018 lag der Gender Care Gap bei 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer.
Und auch innerhalb der Sphäre der Lohnarbeit sind im Carebereich hauptsächlich Frauen tätig. Aktuell sind es vorwiegend Frauen, die sich als Pflegerinnen in Altenheimen und Krankenhäusern, als Kassiererinnen im Supermarkt, Erzieherinnen in der Kita etc. für eine geringe Entlohnung einem hohen Gesundheitsrisiko aussetzen, um an den Grenzen des Machbaren alles am Laufen zu halten.
Dass die aktuellen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen dabei eine weitere Erhöhung des Gesundheitsrisikos für Frauen darstellen, weil sie zu einer Zunahme von häuslicher Gewalt führen, ist sicherlich bekannt. Darüber hinaus erschweren die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen durch den gebotenen Rückzug ins Private den Austausch untereinander und die gemeinsame Organisierung von Frauen* und LGTBQI. Wer neben Homeoffice noch Homeschooling zu leisten hat, ist damit beschäftigt, den Tag irgendwie hinter sich zu bringen. Wo soll da Zeit sein für politische Organisierung?
Eine Gegenöffentlichkeit für von normativen Geschlechter- und Familienvorstellung abweichende Lebensmodelle gibt es gerade nur über das Internet. Der Austausch über Erfahrungen im Alltag von Frauen* und LGTBQI, die die eigenen Probleme nicht als individuelle sondern gemeinsame – und dadurch als gesellschaftlich bedingte – erfahrbar machen, fehlen.
Der 8. März ist traditionell der Tag, an dem Frauen* und LGTBQI auf die Straße gehen, um auf all diese Probleme aufmerksam zu machen – Probleme, die nicht erst seit der Pandemie bestehen, aber die Pandemie und die Sorge um unser aller Gesundheit macht sie sichtbarer, verstärkt sie und erschwert es uns, gemeinsam dagegen vorzugehen. Wir wollen aus der aktuellen sozialen Isolation heraustreten und neue – die Risiken der Pandemie ernstnehmende – Wege finden, uns auszutauschen, zu organisieren, Öffentlichkeit zu schaffen und auf unser gemeinsames Ziel hinzuwirken: das Patriarchat abzuschaffen!
Darum packt eine Mund-Nasen-Bedeckung und Trasparente ein und kommt am 8. März 2021 um 16 Uhr zur Kundgebung auf den Anger in Erfurt!